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Reviews for Speculations about Jakob

 Speculations about Jakob magazine reviews

The average rating for Speculations about Jakob based on 2 reviews is 3.5 stars.has a rating of 3.5 stars

Review # 1 was written on 2020-11-07 00:00:00
1972was given a rating of 4 stars Rebecca Whitehead
Diese Lektüre musste ich mir wirklich hart erarbeiten, denn Uwe Johnson verlangt viel von seiner Leserschaft. Die Geschichte rund um den bei der Deutschen Reichsbahn in der DDR als Dispatcher (Stellwerkleiter) angestellten Jakob Abs, der im November 1956 aus ungeklärten Gründen auf seinem Gleisgelände vom Zug erfasst wird und stirbt, wird weder chronologisch noch stringent in einer bestimmten Form oder durch eine bestimmte Person erzählt. Vielmehr lesen sich die einzelnen Absätze wie Gesprächsprotokolle, Verhöre, Gedankenströme oder auch mal zwischendurch durch einen Erzähler, der aber alles andere als allwissend ist. Und so bekommt man quasi die Glasscherben eines Spiegels präsentiert, denn man mit Mühe sich erst selbst zusammenpuzzeln muss. Dabei ist es noch nicht mal sicher, wenn man in eine Scherbe hineinschaut, wen man eigentlich sieht, sprich, wer der Sprecher dieser Gedanken ist. Oft ergibt es sich aus dem Kontext. Aber es kam immer wieder vor, dass ich im Dunkeln tappte und so bei einem Blick in die Inhaltsangabe im Netz am Ende der Lektüre überrascht war, wie das Bild tatsächlich aussah. Ich lag aber sehr nahe dran. Nur bei manchen Handlungsabschnitten habe ich mich gefragt, ob ich die wirklich gelesen hatte. Das Ganze läßt mich aber alles andere als unzufrieden zurück. Vielmehr war es eine spannende Reise, die vor allem durch die faszinierende Sprache Johnsons erleichtert wurde. Das Buch lebte für mich gar nicht so sehr durch die Handlung, sondern mehr durch die Atmosphäre, die bei der Beschreibung des Alltags in der DDR im Jahr 1956 zum Ausdruck kam. Es wirkt alles irgendwie grau und melancholisch, ja freudlos würde ich fast sagen. Oft ist dieser nöhlende Ton zu hören, wie wenn nachts um 1 Uhr zwei letzte Gäste einer verrauchten Bar in ihren Erinnerungen festhängen. Die Figuren sind auch nicht plakativ. Jakob ist still und pflichtbewusst. Seine Freundin Gesine aus Kindertagen, die in den Westen flüchtet, ist keineswegs überzeugt vom Kapitalismus des Westens. Jonas, der früher Arbeitskollege Gesines aus Ost-Berlin, ist ein kritischer Intellektueller, der aber keine flammende Reden gegen den Sozialismus hält, sondern vielmehr Angst vor dem Stalinismus der Sowjetunion hat und sich eine Art neuen, menschlichen Sozialismus wünscht. Diese Dreiecksbeziehung durchbricht Herr Rohlfs, Mitarbeiter der Staatssicherheit, der aber zunächst nicht kalt und herrisch auftritt, sondern den Plan verfolgt, dass Gesine als Spionin im Westen arbeitet. Erst gegen Ende zeigt sich in ihm die unerbittliche Staatsmacht. In den Wochen vor Jakobs tödlichen Unfall ist das Weltgeschehen durch den blutigen Niederschlagung der Revolution in Ungarn durch die Sowjetunion im Osten und die Suez-Krise in Ägypten im Westen geprägt, bei dem westliche Mächte kriegerisch eingreifen. Die Protagonisten des Buchs heißen beide Konflikte nicht gut und sehen somit eigentlich weder im Osten noch im Westen ihre Heimat. Diese Zerrissenheit, die ja geradezu typisch für das geteilte Deutschland ist, kommt hier hervorragend zur Geltung. Es ist ein Buch, bei dem ich schon während des Lesens dachte, dass ich es bestimmt irgendwann nochmal lesen werde, ja lesen muss. Bestimmt ergeben sich dann ganz andere Blickwinkel. War es am Ende Mord, Selbstmord oder doch nur ein tragischer Unfall? „Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen" (erster und bester Satz des Buchs). Spannend.
Review # 2 was written on 2020-12-17 00:00:00
1972was given a rating of 3 stars Gunawan Djoyo
Auch nach 253 Seiten bin ich mir nicht im Klaren, warum Jakob Abs starb, sterben musst, sich das Leben nahm, verunglückte oder umgebracht wurde. Deutlich geworden sind mir aber die intellektuellen und emotionellen Zwänge junger Menschen, die das Kriegsende als Jugendliche erlebt haben und in die der junge deutsche Arbeiter und Bauernstaat so viel Hoffnung setzte. Sie sind hin- und hergerissen zwischen Aufopferungswillen und dem Wunsch sich selbst zu verwirklichen, zwischen Familie und eigenständigem Leben, Verantwortungsbewusstsein und Freiheitsdrang. Im Schicksalsjahr 1956 schien mit der nach dem XX. Parteitag der KPdSU begonnenen Entstalinisierung eine neue Epoche angebrochen zu sein, die treffen als „Tauwetter-Periode" bezeichnet wird. Aber schon der blutig niedergeworfene Ungarn-Aufstand im selben Jahr zeigte die Grenzen der neugefundenen Freiheit auf, auch in der DDR. Die individuellen Zweifel werden überlagert von politischen Spannungen des geteilten aber noch nicht gespaltenen Deutschlands, in die Jakob, seine Mutter, der alte Cresspahl, dessen Tochter Gesine und deren Studienkollege Jonas geraten. Mit Herrn Rohlfs von der Staatssicherheit kommt aber auch die andere Seite zur Sprache und erhält ein menschliches Gesicht. Was diesen Roman besonders macht ist die poetische Sprache Uwe Johnsons, die visuelle und akustische Bilder präzise wiedergibt. Die Stimmung einer mecklenburgischen Kleinstadt ist ebenso greifbar wie die Atmosphäre im Stellwerk eines großen Güterbahnhofs, Jakobs Arbeitsplatz. Dies ist umso erstaunlicher als der Autor diesen Roman schon mit Anfang Zwanzig geschrieben hat. Wie kann diese reife Sprache in einem so jungen Menschen entstehen? Auch dies bleibt mir ein Geheimnis. Ich selbst fühle mich als Leser jedenfalls nicht reif genug dieses Buch zu bewerten. Ich weiß nur, dass es ein prägendes Erlebnis war.


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